Anfangs möchte ich hier eine Triggerwarnung aussprechen: Wenn du das hier liest und Su*zidgedanken bei dir eine Rolle spielen sollten, dann lies den nachfolgenden Beitrag bitte nicht allein, oder sei dir sicher, gefestigt zu sein in deinem Umfeld. (0800 1110111, die Nummer der Telefonseelsorge). Das Letzte, was ich möchte ist hier jemanden "zu inspirieren". Ganz im Gegenteil: Ich möchte Menschen in ähnlichen Situationen das Gefühl vermitteln, nicht allein zu sein und vielleicht Angehörigen von Betroffenen aufzeigen, was in einem vorgehen kann.
Zunächst gilt es zwischen aktiven und passiven Su*zidgedanken zu unterscheiden. Bei den aktiven Gedanken geht es schon um konkrete Pläne, wobei es bei den passiven meist um unentdeckte, schon fast unscheinbare Gedanken geht, wie zum Beispiel: "Das Leben macht mich einfach unendlich müde." Letzteres kann natürlich unterschiedlich intensiv ausfallen. Ich persönlich habe beide Arten schon erlebt, wobei mich die passiven Gedanken auch heute noch begleiten.
Der konkreteste Plan, den ich hatte, war es mit meinem damaligen kleinen, geliebten VW Polo auf einer Landstraße zwischen zwei Ortschaften einfach frontal gegen diesen einen Baum zu fahren. Das war zu Berufsschul- und Exfreundzeiten. Heute ist mir bewusst, wie am Ende ich da war. Doch damals wusste ich nicht, was da in meinem Kopf vorgeht, dachte, es würde jedem Menschen so gehen, und da müsse man halt durch. Heute weiß ich, dass diese Gedanken alles andere als normal waren und, dass da niemand jemals durch müssen sollte. Im laufe der Zeit wurden die Gedanken weniger "gefährlich", also sie schwenkten um von nicht-mehr-leben-wollen zu stark-genug-verletzen-für-eine-Auszeit.
Wenn ich in meinem damaligen Job, in der Apotheke hinten im Lager auf einer Leiter stand, kam mir der Gedanke, dort runter zu stürzen, sehr attraktiv vor. Dieser vermeidliche Unfall würde dann wenigstens zu einem längeren krankheitsbedingten Ausfall führen. Das würde mich für ein paar Wochen vom Leben verschonen, so dachte ich jedenfalls. Aber heute ist mir klar, dass dieser "Wunsch" nach einer Verletzung nur der verzweifelte Schrei meines Inneren nach Ruhe war. Nach Ruhe und sicher auch nach Einsicht, mich um meine mentale Gesundheit zu sorgen. Eine Verletzung, die man von außen sieht, würde ja eine längere Krankschreibung eindeutig rechtfertigen. Aber, dass meine Psyche schon lange Zeit sehr stark verletzt war und das eine Krankschreibung ganz genauso rechtfertigt, das musste ich erst lernen.
Diesen "wake-up-call", dass meine Gedanken nicht normal sind, gab mir mein jetziger Partner. Ihm erzählte ich im Frühjahr 2022 davon, was in meinem Kopf so vor sich geht. Seine Reaktion darauf, öffnete mir ein Stück weit die Augen. Er war sichtlich erschrocken zu hören, welche Gedanken mich beschäftigen. Dieser ungefilterten und ehrlichen Reaktion von ihm bin ich heute unendlich dankbar. Ich hätte mich vielleicht nie tiefer mit diesen dunklen Gedanken beschäftigt, sie nie kritisch hinterfragt und ihnen so möglicherweise mehr Macht über mich gegeben. Also an dieser Stelle noch einmal: Danke <3
Wie schon oben erwähnt, begleiten mich passive Su*zidgedanken auch jetzt noch. Anfang diesen Jahres nahmen sie wieder drastisch zu, was natürlich auch ein wesentlicher Grund für meinen Klinikaufenthalt war. Ich möchte hier ein paar meiner Gedanken der letzten Jahre aufzählen, um Betroffenen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind und um Angehörige zu sensibilisieren, sollten sie solche Sätze zu hören bekommen:
"Das Leben macht mich müde, ich bin dem nicht gewachsen."
"Ich kann mir einfach keine Zukunft vorstellen, in der ich existiere."
"Ich habe das Gefühl für dieses Leben nicht geeignet zu sein."
"Die Menschen um mich herum hätten weniger Sorgen, wäre ich nicht hier."
"Ich habe das Bedürfnis mich so lange zu verstecken, bis die Welt da draußen mich vergisst."
Wenn du dich in diesen Sätzen wiederfinden solltest, bitte ich dich darum, dir Hilfe zu holen. Diese quälenden Gedanken musst du nicht aushalten! Sprich mit einer Vertrauensperson darüber oder rufe beispielsweise bei der Telefonseelsorge an (0800 1110111). Mir ist durchaus bewusst, dass das leichter gesagt ist, als getan. Nichtsdestotrotz bist du es wert! Du wirst die Hilfe bekommen, nach der du fragst. Du hast es verdient hier zu sein! Dir steht ein schönes Leben zu!
Und zu guter Letzt bitte, bitte, bitte: Glaub nicht alles, was du denkst! (Eins meiner Lieblingszitate)
Kommentar hinzufügen
Kommentare